Bei privaten fondsgebundenen Rentenversicherungen sollte man genau rechnen

Jemand hat mir eine private fondsgebundene Rentenversicherung vorgelegt und mich um meine Meinung gefragt. Nun ist es so, dass ich prinzipiell keine Empfehlungen mit Bezug auf Rentenversicherungen gebe. Vielmehr rechne ich die Sache einfach durch und lege dem Kunden die Zahlen als Entscheidungsgrundlage vor. Entscheiden muss er sich selbst.

Hier nun die Zahlen zu einer fondsgebundenen Rentenversicherung, die von der Versicherungsgesellschaft vollmundig beworben wird …

Herr X ist im Mai 1980 geboren. Der Versicherungsbeginn wäre am 1.6.2014 gewesen. Ab diesem Zeitpunkt müsste X monatlich einen Beitrag von 100 Euro im Monat zahlen. Die Laufzeit ist bis 1.06.2047. Herr X ist dann 67 Jahre alt und hat dann die Wahl zwischen der Auszahlung des Kapitals („Kapitaloption“) oder der Auszahlung einer monatlichen Rente bis zu seinem Lebensende. Es ist eine Rentengarantiezeit von 10 Jahren vereinbart, d.h. sollte er vorzeitig sterben, dann werden seine Nachkommen bis zum Jahr 2057 eine Rente erhalten.

Da es sich um eine fondsgebundene Rentenversicherung handelt, hängt das später auszuzahlende Kapital bzw. die Monatsrente  von der Wertentwicklung der gewählten Investmentfonds ab.

Die Versicherungsgesellschaft macht Angaben in Abhängigkeit von den angenommenen Fonds-Renditen:

Erzielen die Fonds eine Rendite von durchschnittlich 3% p.a. bis zum Jahr 2047, dann

  • ist die Kapitalabfindung voraussichtlich 62.699 Euro,
  • die Monatsrente voraussichtlich 212,49 Euro/Monat.

Erzielen die Fonds eine Rendite von durchschnittlich 6% p.a. bis zum Jahr 2047, dann

  • ist die Kapitalabfindung voraussichtlich 107.765 Euro,
  • die Monatsrente voraussichtlich 365,22 Euro/Monat.

Erzielen die Fonds eine Rendite von durchschnittlich 9% p.a. bis zum Jahr 2047, dann

  • ist die Kapitalabfindung voraussichtlich 194.118 Euro,
  • die Monatsrente voraussichtlich 657,87 Euro/Monat.

Finanzmathematisch gesehen, haben wir hier verschiedene Zahlungsströme. Herr X interessiert sich verständlicherweise dafür, wie lukrativ die jeweiligen Zahlungsströme sind. Insbesondere interessiert ihn, ob es nicht vielleicht viel besser ist, einfach direkt mittels eines Fonds-Sparplans in Investmentfonds zu investieren – ohne den Umweg über eine fondsgebundene Rentenversicherung.

Klar ist, dass er im Falle eines normalen Fondssparplans Kapitalertragsteuer zahlen muss. Mit Solidaritätszuschlag beträgt hier der Steuersatz 26,375 %. Im Folgenden nehme ich an, dass die Rendite der Fonds im Wesentlichen auf Kursgewinnen beruht, die am Ende mit diesem Steuersatz zu versteuern sind. Spart Herr X also beispielsweise 100 Euro in einen Fonds an, der eine jährliche Kurssteigerung um 3% hat, so wird er von 01.06.2014 bis 01.05.2047 einen Betrag von 67.162,58 Euro angespart haben. Verkauft er nun aber alles, so werden 7-269,63 Euro Steuern anfallen, so dass im netto 59.892,95 Euro bleiben werden.

Da bei einer Rentenversicherung keine Kapitalertragsteuer anfällt, scheint die Versicherungslösung zunächst attraktiver.

Allerdings fallen auch hier Steuern an. Entscheidet sich X später für die Kapitaloption, so muss er die Hälfte des Mehrwerts zu seinem persönlichen Steuersatz versteuern, den er mit 67 haben wird. Entscheidet er sich für die Monatsrente, so muss er 17% dieser Monatsrente mit seinem persönlichen Steuersatz versteuern.

Herr X rechnet damit, mit 67 einen persönlichen Steuersatz von 30% zu haben.

Nehmen wir nun an, dass die für die Rentenversicherung ausgewählten Fonds eine Rendite von 3% haben werden. Und nehmen wir weiter an, dass sich Herr X mit 67 für die Kapitaloption entscheiden wird.

In diesem Fall hat er über 33 Jahre hinweg monatlich einen Beitrag von 100 Euro in die fondsgebundene Rentenversicherung gezahlt. Das sind insgesamt 39.600 Euro. Werden ihm nun 62.699 Euro ausgezahlt, so hat er einen sogenannten Mehrwert in Höhe von 62.699 – 39.600 = 23.099 Euro erzielt. Davon die Hälfte ist mit 30 % zu versteuern. Er wird somit 3464,85 Euro an Steuern zahlen müssen, so dass ihm netto 59.234,15 Euro bleiben.

Der Zahlungsstrom sieht nun wie folgt aus:

  • 1.06.2014: -100 Euro
  • 1.07.2014: -100 Euro
  • 1.05.2047: -100 Euro
  • 1.06.2047: +59.234,15 Euro

Für diesen Zahlungsstrom kann man den sogenannten internen Zinsfuß berechnen. Dieser ist: 2,3%.

Wie wir oben gesehen haben, würde Herr X mit einem vergleichbaren Fonds-Sparplan 59.862,95 Euro netto erhalten. Das ist geringfügig mehr im Vergleich zur fondsgebundenen Rentenversicherung.

Unter der Annahme, dass die ausgewählten Fonds 6% Rendite erzielen, bringt die fondsgebundene Rentenversicherung bei der Kapitaloption 5,0 % p.a. mit einer Netto-Endausschüttung (nach Steuern) von 97.540,25 Euro. Der vergleichbare Fonds-Sparplan würde ihm am Ende nach Steuern 99.217,39 Euro bringen, also fast 2000 Euro mehr.

Unter der Annahme, dass die ausgewählten Fonds 9% Rendite erzielen, bringt die fondsgebundene Rentenversicherung bei der Kapitaloption 7,7 % p.a. mit einer Netto-Endausschüttung (nach Steuern) von 170.940,30 Euro. Der vergleichbare Fonds-Sparplan würde ihm am Ende nach Steuern 176.940,20 Euro bringen, also fast 6000 Euro mehr.

Wie sieht die Sache nun aus, wenn sich Herr X am Ende für die Monatsrente entscheidet?

Hier kommt als weiterer Faktor das Lebensalter hinzu, dass er erreichen wird. Klar ist, dass die fondsgebundene Rentenversicherung umso attraktiver ist, je älter Herr X wird. Herr X hält es für wahrscheinlich, dass er 85 Jahre alt wird.

Unter der Voraussetzung, dass die ausgewählten Fonds 3% Rendite p.a. bringen werden, wird er ab seinem 67. Lebensjahr eine Rente von 212,49 Euro ausgezahlt bekommen. Einen Teil davon muss er aber versteuern, so dass ihm unterm Strich nur 201,65 Euro bleiben werden.

Auch dies ist wieder finanzmathematisch ein Zahlungsstrom, zu dem man den internen Zinsfuß als Maß für die Rendite ausrechnen kann. In dem vorliegenden Fall kommt eine Rendite von 0,50% p.a. heraus.

Das heißt: Unter der Annahme, dass die Fonds sich mit 3% p.a. rentieren, Herr X die Monatsrentenoption wählt und er 85 Jahre alt wird, dann wird sich diese fondsgebundene Rentenversicherung für ihm mit einem Zinssatz von 0,50% p.a. „lohnen“.

Werden für die Rentenversicherung ausgewählten von Fonds 6% Rendite erzielen, so wird Herr X eine Gesamtverzinsung von 2,55% haben.

Werden für die Rentenversicherung ausgewählten von Fonds 9% Rendite erzielen, so wird Herr X eine Gesamtverzinsung von 4,75% haben.

Interessant an dieser Stelle ist, dass die jeweils berechneten Renditen für die fondsgebundene Rentenversicherung bezogen auf die Rentenoption immer schlechter ist als die Kapitaloption. Das würde sich erst dann ändern, wenn Herr X deutlich älter als 85 Jahre alt wird.

 

 

8 Kommentare
  1. geldexperimente
    geldexperimente sagte:

    danke fürs vorrechnen. ich überlege mir auch jedes jahr einmal, ob eine fonsgebundene Lebensversicherung was wäre. ich glaube aber, dass die einzig sinnvolle Variante, die mit einmalerlag unter verwendung von etfs bei berücksichtigung von kostenersparnissen beim rebalancing (vor allem keine steuerpflicht bei verkäufen fürs rebalancing). allerdings weiss ich nicht, ob und wieviel kosten anfallen, wenn man vor laufzeigende an sein geld will.

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  2. E.M.
    E.M. sagte:

    Sehr geehrter Herr Petereins,

    gibt es denn tatsächlich Fonds die ausschließlich Kursgewinne und sonst keine Erträge haben ?

    Denn dann funktioniert ihre steuerliche Rechnung nur , wenn der Freitellungsauftrag ausreichend ist, ansonsten müssen auch
    für thesaurierende Fonds anteilig die Gewinne versteuert werden,
    bzw. werden automatisch Steuern durch die Fondsgesellschaft abgeführt und dann macht sich der Zinseszins sicherlich doch bemerkbar beim Endergebnis. Oder habe ich einen Denkfehler ?

    MFG EM

    Antworten
    • Peterreins
      Peterreins sagte:

      Nehmen wir einmal an, dass 3% jährlich zu versteuern sind (bei Aktienfonds ist das derzeit deutlich niedriger). Dann dauert es etwa 12 Jahre, bis die steuerpflichtigen Erträge die 800 Euro-Marke überschreiten. Und es dauert 18 Jahre, bis die 1600 Euro-Marke überschritten wird. Nehmen wir jährliche steuerpflichtige Erträge von 2% an, dann dauert es 16 bzw. fast 23 Jahre. Bei diesen Zahlen spielt der von Ihnen erwähnte steuerliche Aspekt eine eher untergeordnete Rolle.
      Dazu kommt vor allem noch ein folgender wichtiger Aspekt. Auffällig ist, dass die Investmentfonds, die bei den meisten fondsgebundenen Versicherungsverträgen zur Auswahl stehen, mit ziemlich hohen (jedenfalls in der Regel überdurchschnittliche hohen) laufenden Kosten verbunden sind. Als Versicherungsnehmer hat man kaum die Möglichkeit, besonders kostengünstige Investmentfonds auszuwählen. Diese Freiheit hat man aber bei einem selbst eingerichteten Fonds-Sparplan. Korrekt wäre, meiner Meinung sowieso gewesen, dass wenn man für die Fonds innerhalb der fondsgebundenen RV eine Rendite von 3% annimmt, auf Seiten des Fonds-Sparplans mit 3,5% (mindestens) rechnen kann. Und zwar aufgrund der geringeren laufenden Kostenbelastung.

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  3. J.V
    J.V sagte:

    Tolle Seite und toller Blog Herr Dr. Peterreins.

    Eine Frage: Wie sieht es aus mit der Möglichkeit der Umschichtung bei fondsgebundenen Rentenversicheurungen? Während der Laufzeit kann ich doch meine Fonds mehrmals pro Jahr (Wenn gewünscht und oder notwendig)umschichten. Hier fallen dann keine Steuern an. Bei einem reinen ETF/Fondssparen muss ich bei jedem Verkauf die Steuern zahlen.

    Danke

    JV

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    • Peterreins
      Peterreins sagte:

      Erstens wird der steuerliche Vorteil bei fondsgebundenen Renten- oder Lebensversicherungen, meiner Auffassung nach, stark überschätzt. Wenn man die ganzen mit der Versicherung verbundenen Kosten dem Steuervorteil gegenüberstellt, dann lohnt sich die Versicherung fast nie.

      Zweitens aber weiß man, dass Privatanleger durch häufiges Umschichten fast immer zu ihrem eigenen Nachteil agieren. Häufiges Umschichten ist nicht gut, sondern schlecht. Wie gesagt, in der Regel treffen Privatanleger exakt die falschen Anlageentscheidungen, was ihnen viel Rendite kostet. Nach einer neueren Studie (beginnend mit Daten ab 1985) schaffen Privatanleger so im Durchschnitt eine Underperformance von sage und schreibe 8% pro Jahr (!!!).

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  4. Thinking
    Thinking sagte:

    Sehr geehrter Herr Peterreins
    Bei einer fondsbasierten Lebensversicherung werden von der Gesellschaft meist „konservative“ Anleihe- oder Geldmarktfonds oder „risikoreichere“ Aktien- und Anleihefonds fix zusammengestellt oder sogar Einzelfonds und ETF`s zur Wahl angeboten. Welche Variante würden Sie zur Zeit wählen? Oder sollte man gleich auf die „fondsbasierte“ Lebensversicherung verzichten und die festverzinsliche Variante wählen?

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    • Peterreins
      Peterreins sagte:

      Letztlich muss ich ein konkretes Angebot korrekt finanzmathematisch durchrechnen, bevor ich ein Aussage machen kann. Bei pauschalen, allgemeinen Aussagen muss man jedenfalls vorsichtig sein. Ich kann nur so viel sagen: In den allermeisten Fällen, bei denen ich eine konkrete fondsgebundene Lebens- oder Rentenversicherung für einen Kunden durchgerechnet habe, war das Ergebnis, dass sich der Vertrag für den Kunden kaum lohnt. Höchstens im Falle einer Rentenversicherung dann, wenn man annimmt, dass der Kunde sehr, sehr alt wird. Vielleicht veröffentliche ich demnächst wieder eine konkrete Analyse.

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