Prokon und ide Anlegerschutz-Bürokratie

Ein Kunde hat mich auf einen Artikel aus der Wirtschaftswoche vom 27.01.2014 aufmerksam gemacht. Titel: „Es steht im Prospekt“ (Autor: Kunkel). Darin heißt es:

„Eine monströse Anlegerschutz-Bürokratie hat Prokon Sparer in die Arme getrieben …“

Das ist deswegen so interessant, weil immer im Falle solcher Finanzdesaster reflexartig nach mehr Anlegerschutz geschrien wird. Die traurige Wahrheit ist: Einen perfekten Anlegerschutz kann es überhaupt nicht geben. Das ist eine Illusion. Paradoxerweise ist es inzwischen umgekehrt. Der unglaublich bürokratische Anlegerschutz, den wir aktuell haben, und den Politiker immer noch umfangreicher gestalten wollen, ist mitverantwortlich für Anlagekatastrophen wie Prokon.

Im genannten WiWo-Artikel heißt es weiter:

„…Dabei wäre Prokon wahrscheinlich gar nicht weit gekommen, hätten wir nicht schon so viel sogenannten Anlegerschutz erfahren … Der Grund: Die klassische Anlageberatung … ist heute ein bürokratischer Akt ohnegleichen. Nicht nur, dass Kunden seitenweise Verträge, Bestätigungen und Erklärungen zur Offenlegung privater Daten  unterschreiben müssen – nein – sie erhalten auch noch ‚gesetzliche Informationsunterlagen‘ in Bibel-Dicke …“

Früher reichte ein Telefonat mit dem Kunden, bei dem der Berater nebenbei die Order erfasst … hat – fertig! Die zum Anlegerschutz entwickelten Vorschriften aber haben ein bürokratisches Monster geschaffen … Anlageberatung rechnet sich nur noch für größere Kunden [meine Hervorhebung]. Die Banken haben einen Großteil der … Anlageberatung eingestellt…

Genau dieser Bürokratie wegen haben einige potenzielle Anleger die seriöse Anlageberatung … nicht in Anspruch genommen, sondern ihr Geld mit ein paar Mausklicks einfach in die ’sichere Anlage‘ Prokon investiert.“

Die Argumentation des Autors ist so: Die aktuellen Regeln zum Anlegerschutz sind so umfangreich und umfassend, dass entweder Anleger vor der klassischen Anlageberatung abgeschreckt werden oder Finanzdienstleister keine Anlageberatung mehr anbieten. Der Effekt ist, dass gerade normale Kleinanleger nicht mehr Rücksprache mit einem Berater halten können, sondern ihre Anlagegeschäfte direkt abschließen.

Immerhin verzichtete Prokon komplett auf die Zahlung von Provisionen an Vermittler. Ein Prokon-Anleger musste sich direkt an den Windpark-Betreiber wenden. Kein Vermittler oder Finanzberater stand zur Seite, um Rede und Antwort zu stehen.

Das ist sehr bemerkenswert. Denn wäre es anders gewesen, dann hätten wir heute wieder die üblichen Schimpftiraden auf das Provisionsmodell. Nach dem Motto: „Die Provisionen an Vermittler sind an allem schuld. Ohne Provisionen wäre die Welt der Geldanlage in Ordnung.“ Dann wären wieder einmal die Finanzberater die Schuldigen.

Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich selbst eine Finanzberatung auf Honorarbasis anbiete und sehr viele Dinge im Finanzvertrieb schlecht finde. Ich warne aber bereits seit Jahren vor einer Schwarzmalerei: „Honorar = gut; Provision = böse“. So einfach ist die Welt – leider – nicht. Viele Anlegerschützer oder Journalisten scheinen die Sachlage aber genau auf dieses vereinfachte Schema zu reduzieren. Und das ist falsch.

Die Wahrheit ist, dass es sehr schlechte Anlageberatung auf Honorarbasis gibt, und auch sehr gute Beratung auf Provisionsbasis. Und dazwischen gibt es alle möglichen Schattierungen. Siehe beispielsweise meinen Artikel „Nicht jeder Honorarberater ist wirklich unabhängig„.

Der Fall Prokon bestätigt meine Sichtweise. Hier sind keine Provisionen geflossen, und dennoch verlieren Anleger viel Geld.

Ähnlich wie der Autor des genannten WiWo-Artikels halte ich die derzeitige Bürokratie rund um die Anlageberatung für sehr schlecht. Und letztlich nützt sie nicht dem Anleger. In einigen Punkten nützt sie sogar mehr dem Finanzdienstleister als dem Anleger. Das aber in jedem Fall auf Kosten eines Wusts an Unterlagen, Bestätigungen und Formularen.

Auch ich sehe es so, dass diese Bürokratie Anlageberatung vor allem eines macht: teuer. Und zwar teuer für den Anleger. Letztlich läuft es darauf hinaus, dass sich normale Kleinanleger eine kompetente Finanzberatung nicht mehr leisten können.

Übrigens ist das wohl schon so geschehen ist Großbritannien. Hier wurden ja Provisionen im Zusammenhang mit der Anlageberatung gänzlich verboten. Gegner des Provisionsmodell verweisen gerne darauf, dass es ja in Großbritannien funktionieren würde. Tatsächlich funktioniert es eben nicht. In Großbritannien können sich nur noch sehr Reiche zu Geldanlagefragen beraten lassen, und das mit Honorarsätzen von 300 Euro die Stunde und mehr. Kleinanleger hingegen sind auf sich alleine gestellt bzw. können sich eine Beratung nicht mehr leisten.

 

 

 

1 Kommentar
  1. Der Couponschneider
    Der Couponschneider sagte:

    Ich sehe es ähnlich. Unsere Politiker sind, wenn sie vom Investieren reden, wie Eunuchen, die Männern erklären, wie man Kinder zeugt. Unsere Politiker kommen vornehmlich aus dem öffentlichen Dienst und da ist man weit weg vom Geld verdienen. Dort ist sogar Geldverdienen basierend auf Cleverness und Eigeniniative verboten. 🙂 Ich wehre mich nicht nur gegen diese gut gemeinten Ratschläge unserer Politiker, weil diese Ratschläge falsch sind, sondern auch, weil sie die Bevölkerung mit beamtischen Denkweisen und Anspruchsdenken infiltrieren. Wenn die Arbeitnehmer der Privatwirtschaft ihre Ersparnisse verlieren, dann ist das schlimm. Noch schlimmer wäre es, wenn sie ihren Fleiß, ihre Eigenständigkeit und ihre Kreativität verlieren, wenn es denn noch vorhanden ist.

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