Verschärft der Hochfrequenzhandel Börsenturbulenzen?

Seit einiger Zeit gibt es Leute, die mittels Computerptrogrammen in rasant schnellem Tempo Aktien kaufen und verkaufen. Man nennt das „Hochfrequenzhandel“. Und seit es den Hochfrequenzhandel gibt, wird geargwöhnt, dass er Börsenturbulenzen verstärkt. Klar ist, dass vielen diese Art des Tradings unheimlich ist. Und was einem unheimlich ist und man schlecht versteht, wird umgehens für alles mögliche Schlechte verantwortlich gemacht. Auch in den Zeitungen wurde oft genug negativ über den Hochfrequenzhandel geschrieben.

Ich muss ehrlich sagen, dass ich all diese Aufregung über diese neue Form des Handels nicht nachvollziehen konnte ..

Schon aus rein logischen Gründen war mir klar, dass der Hochfrequenzhandel eher eine stabiliserende Wirkung auf die Märkte haben müssten als umgekehrt. Warum? Weil ein schlauer Trader wohl eher bei fallenden Kursen nachkaufen wird und bei steigenden verkaufen. Sofern er jedenfalls Gewinne erzielen möchte. Gehen bei Börsenturbulenzen Aktien in den Keller, so verstärken diejenigen Anleger diesen negativen Trend, die in solch einer Marktphase die Nerven verlieren und auch verkaufen.

Der Witz an Computerptrgrammen ist ja gerade, dass hier keiner seine Nerven verlieren kann, sondern konsequent solche Turbulenzen zum Kaufen nutzen kann. Wer aber in einer Abwärtsphase auf der Käuferseite steht, stabisiert den Markt.

Genauso auch umgkehrt. Bei steigenden Kursen springen viele Anleger aus emotionalen Gründen auf den fahrenden Zug auf. Ein cleveres, unemotionales Computerprogramm wird solche Phasen wohl eher zum Verkaufen und Realisieren von Gewinnen nutzen. Auch hier eine eher stabilisierende Wirkung.

So jedenfalls meine (theoretischen) Überlegungen. Wie es scheint, wurden diese Überlegungen jetzt aber durch eine empirische Studie belegt, die die Deutsche Börse in Frankfurt veröffentlicht hat. In der FAZ zum 15.01.2013 steht dazu:

„Am 25 .August 2011 hatte der DAX binnen wenigen Minuten … um gut 4 Prozent nachgegeben. Statt 300 DAX-Kontrakten je Minute gingen an der Terminbörse Eurex 1700 Stück um. ‚Wir haben das Verhalten der Hochfrequenzhändler an diesem ungewöhlich hektischen Börsentag mit dem der anderen Handelsteilnehmer verglichen‘, sagt Randolf Roth, Leiter der Abteilung Geschäftsentwicklung der Eurex: „‚Im Ergebnis haben die Hochfrequenzhändler ihre Handelsaktivität in der kritischen Phase deutlich erhöht, haben sich also nicht vom Markt entfernt, und sie haben auch nicht nur verkauft, sondern waren im Gegenteil rund um den Tiefpunkt besonders auf der Käuferseite aktiv, haben also den Abschwung gebremst, zum Umschwung beigetragen und ihn nicht verschärft.'“

Insgesamt kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass die Wirkung von Hochfrequenzhändlern als „passive Liquiditätsstifter“ gerade in Krisenzeiten positiv zu bewerten sind.

Das Interessante an der ganzen Sache ist folgendes. Gerade in Finanzdingen lassen sich bemerkenswert viele Menschen zu vorschnellen Urteilen verleiten. „Griechenland kommt in Schwierigkeiten, weil böse Hedgefonds-Manager gegen dieses arme Land spekulieren“, so hieß es beispielsweise in 2010. Ja, welche Manager waren das denn genau? Was genau haben sie denn gemacht? Hätte man damals dagegenfragen können. Heute weiß man, dass die Anleger im Ganzen das Vertrauen zu Griechenland verloren haben, und, wie man heute auch weiß, wahrscheinlich zu Recht. Im ersten Impuls wurden aber „Die Hedgefonds“ verdächtigt und nur allzugerne stupide wiederholt, sei es von Privatpersonen, Politikern oder von Zeitungen.

Dasselbe galt mit den sogenannten Short-Sellern. Als die Aktienkurse, insbesondere der Bankaktien, in 2008 einbrachen, war sehr schnell ein Schuldiger gefunden. Irgendwelche dubiosen Marktteilnehmer würden mit Leerverkäufen auf fallende Kurse wetten, und deswegen ginge alles den Bach runter. Auch hier könnte man sich fragen: Welche Marktteilnehmer sind das genau? Wie genau soll das funktionieren, dass man durch einen Leerverkauf Einfluss auf Börsenkurse nehmen kann?

Stattdessen freuen sich alle, vermeintliche Schuldige gefunden zu haben. Und schnell wird Short-Selling gesetzlich verboten. Als wenn das ein Schutz gegen fallende Kurse wäre!!

Für viele ist sowieso klar: Immer wenn irgendetwas an den Finanzmärkten schief läuft sind immer die Banken oder die Hedgefonds verantwortlich. Ja, wir Menschen brauchen einfach immer einen Sündenbock. Und hurra, irgendwann konnte man die Schuld auf den Hochfrequenzhandel schieben.

Die Wahrheit ist doch: Aktienkurse fallen manchmal und kein Mensch kann definitiv sagen, warum genau. Unser Bedürfnis, für alles Gründe zu finden, greift bei der Börse einfach zu kurz. Die Börse ist ein chaotisches, unplanbares und unvorhersehbares System. Das ist aber für die meisten unerträglich. Sie brauche Gründe, Erklärungen und Schuldige. Übrigens vorneweg die Jorunalisten.

Man höre sich nur eine alltägliche Berichterstattung über den aktuellen Börsenverlauf an. „Nach einer negativen Vorgabe aus New York, startete die Deutsche Börse heute negativ.“ Aha, negative Entwicklung in Amerika hat eine negative Entwicklung in Deutschland zur Folge, aus A folgt B. Und wie häufig gingen die Kurse in New York runter, und dennoch stiegen die Kurse in Deutschland? Ist das wirklich auch nur annähernd so etwas wie eine Notwendigkeit? Da werden einem doch Kausalitäten vorgegaukelt (ein David Hume hätte seinen Spaß).

Ja, auch ich meine dass einige Banken in manchen Fällen Dreck am stecken haben. Aber die Banken pauschal für alles mögliche Schlechte verantwortlich zu machen, ist schlicht ungerecht.

Mein Wunsch ist es, dass die Leute bitte künftig zuvor sorgfältig nachdenken, bevor sie irgendjemanden die Schuld an bestimmten Dingen geben. Und wenn sie es nicht genau wissen, also keine konkreten Belege für ihre Schuldzuweisungen haben, einfach schweigen. Eigentlich sollte das eine Selbstverständlichkeit sein.

 

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