Teil 4: Wie findet man den richtigen Vermögensverwalter? – Vergangenheitsdaten

In ganz Deutschland gibt es schätzungsweise 750 BAFin-zugelassene Vermögensverwalter. Darunter fallen große Bank, Privatbanken aber auch bankenunabhängige Vermögensverwalter.  750 Vermögensverwalter in ganz Deutschland – das sind zwar eigentlich sehr wenige (wenn man bedenkt, dass es schon mehrere tausend Rechtsanwälte alleine in München gibt). Dennoch kann im Zweifel die Wahl sehr schwer fallen.

Nach welchen Kriterien sollte man einen guten Vermögensverwalter auswählen?

Sehr viele meinen, dass ein gutes Kriterium Vergangenheitsdaten sind. Also solche Zahlen, wie

  • Performance der letzten 5 Jahre, 10 oder 15 Jahre
  • Performance in schwierigen Börsenphasen
  • Schwankungsbreite (Volatilität) der verwalteten Portfolios
  • etc.

 Leider sind all diese Zahlen letztlich nutzlos. Und das aus verschiedenen Gründen…

Wird vielleicht nur das beste Portfolio gezeigt?

Der erste Grund ist, dass sich der Anleger nicht sicher sein kann, ob der Vermögensverwalter nicht einfach sein bestes Portfolio ausgewählt hat, während viele andere Portfolios viel schlechter gelaufen sind. Ich selbst hatte beispielsweise im Krisenjahr ein paar Depots, die sage und schreibe, 18% Plus machten. Die meisten Depots endeten entweder mit deutlich niedrigeren Jahresrenditen oder auch mit einem Minus.

Ich habe einmal einen Anleger gesprochen, nennen wir ihn Herrn X, der sein Geld von einer Großbank verwalten ließ. Diese Bank machte vor ein paar Jahren Werbung mit der guten Rendite, die sie für ihre Kunden erzielt hätte. Herr X war sehr verwundert über diese Werbung, denn er selbst hatte mit seinem Depot bei dieser Bank eine deutlich niedrigere Rendite.

Vielleicht war alles nur Glück und Zufall?

Der zweite Grund ist, dass eine vergangene gute Performance ganz einfach auch Glück und Zufall gewesen sein kann. Selbst wenn jemand über (sagen wir) 10 Jahre hinweg hervorragende Renditen für seine Kunden erwirtschaften konnte, kann das ohne Weiteres auch sein, dass er 10 Jahre hintereinander einfach Glück hatte.

Genau an dieser Stelle begehen viele Anleger einen wahrscheinlichkeitstheoretischen Denkfehler, indem sie nämlich argumentieren: „10 Jahre jedes Jahr überdurchschnittliche Renditen, das kann doch kein Zufall sein.“ Der Mathematiker weiß: kann es sehr wohl. Wenn man beispielsweise eine Münze 10 Mal hintereinander wirft, kann es durchaus vorkommen, dass 10 Mal hintereinander Zahl kommt.

Der Schluss von der Vergangenheit auf die Zukunft ist nicht korrekt

Und damit kommten wir zu einem dritten Punkt. Nehmen wir an, wir hätten mit einer Münze (zufälligerweise) 10 Mal hintereinander Zahl geworfen: Können wir daraus schließen, dass wir mit dieser Münze auch bei den nächsten Versuchen wieder mit höherer Wahrscheinlichkeit Zahl werfen werden? – Natürlich nicht. Man kann nämlich nicht von der Vergangenheit auf die Zukunft schließen.

Und für einen Anleger kommt es selbstverständlich auf die Zukunft an. Was nützt ein Vermögensverwalter, der die letzten 10 Jahre hervorragende Performance-Zahlen vorweisen kann, ausgerechnet aber ab dem Zeitpunkt meines Eintiegs nur Mist baut? Wahrscheinlich wäre mir sogar ein Profi lieber, der eine lange Pechsträhne hatte, aber exakt mit meinem Einstieg einen Treffer nach dem anderen landet.

Der Rückschaufehler

Wenn sich Anleger mit den Performance-Zahlen von Fonds oder von Vermögensverwaltern bechäftigen, begehen sie fast immer den sogenannten Rückschaufehler. Der besteht darin, dass wir uns jetzt in besonderem Maße mit den Gewinnern beschäftigen. Während die Verlierer einfach sozusagen vergessen werden. Was meine ich damit?

Ich meine damit, dass Anleger eben sehr leicht von einer Erfolgsserie auf überdurchschnittliches Können schließen. „Der und der Vermögensverwalter war über die letzten 5 Jahre jees Jahr besser als alle anderen, das kann doch kein Zufall sein.“ Hier die mathematische Antwort:

Unter 750 Managern, die rein zufällig gute oder schlechte Renditen erzielen (mal angenommen), einen Manager zu finden, der 5 Jahre hintereinander immer besser als alle anderen war, dafür beträgt die Wahrscheinlichkeit 100%. Oder anders formuliert: Es wäre  sehr erstaunlich, wenn man unter 750 Vermögensverwalter keinen findet, der (rein zufällig) 5 Jahre hintereinander Top-Renditen erzielt.

Eie Wahrscheinlichkeit, unter 750 Vermögensverwaltern einen  mit einer 7 Jahre andauernden Glückssträhne zu finden, beträgt immerhin noch 99,7%. Eine zehnjährige Glückssträhne hat immerhin die Wahrscheinlichkeit von 51,9% (also besser als der Münzwurf).

Aus Sicht der Wahrscheinlichkeitstheorie ist klar: Wenn ein Vermögensverwalter über Jahre hinweg sehr gute Ergebnisse erzielt hat, kann das ohne Weiteres pures Glück und Zufall gewesen sein. Es ist noch lange kein Indiz dafür, dass der Manager etwas besser als andere kann. (Es könnte sein, muss aber nicht)

Die Geschichte ist voll von „Narren des Zufalls“

Vielleicht denkt sich der eine oder andere: „Das sind aber sehr abstrakte, abgehobene Überlegungen. Wie sieht es denn in der Praxis aus?“ – Die Praxis jedenfalls ist voll von gefallenen Stars. Nassim Taleb würde sie „Narren des Zufalls“ nennen (so sein sehr lesenswertes gleichnamiges Buch). 

Wer nur ein wenig Erfahrung im Kapitalanlagebereich und mit Vermögensverwaltern hat, weiß: Manager, die über eine gewisse Zeit sehr erfolgreich waren, und dann grandios abstürzen, gibt es zahllos. Hier ein Zitat aus Nassim Talebs Buch (S. 128 ff)):

„Der frisch gegründete Emerging-Markets-Desk einer New Yorker Bank stellte Carlos im Jahr 1992 ein. … Carlos traf zum richtigen Zeitpunkt ein, um den Aufschwung des Markets mitzuerleben … Carlos blühte als volkswirtschaftlich versierter Händler auf. Er hatte ein umfangreiches Netz von Freunden in verschiedenen lateinamerikanischen Ländern und wusste genau, was sich dort abspielte … Carlos wurde mehrfach befördert, bis in die Posi-tion des Chefhändlers … Ab 1995 erzielte er in der neuen Funktion ungeheure Erfolge und konnte sein Kapitalvolumen kontinuierlich ausweiten … Dann kam der Sommer 1998 und richtete Carlos zugrunde … In den Vorjahren hatte er für seine Bank insgesamt nahezu 80 Millionen Dollar verdient. In einem einzigen Sommer verlor er dann aber 300 Millionen Dollar. „

 Auch Jason Zweig warnt in seinem Buch „Gier“ davor, von der Vergangenheit auf die Zukunft zu schließen. So nennt er beispielsweise Heiko Thieme oder Robert Zuccaro (S. 80). Beide haben über ein paar Jahre hinweg sehr gute Gewinne erzielt. Mit der Folge, dass Anleger massenhaft bei Ihnen Geld angelegt haben. Leider waren danach ihre Renditen mehr als unterdurchschnittlich.

Beispiele für solche Zuccaros oder Thiemes, oder wie diese Narren des Zufalls sonst heißen, gibt es ohne Ende. Daher tun Anleger, die sich nach einem Vermögensverwalter umschauen, gut daran, Vergangenheitsdaten keine allzu große Bedeutung zu geben. Das kann sehr schnell sehr gefährlich werden.

Hier noch ein Zitat aus dem (sehr lesenswerten) Buch von Phil Rosenzweig „Der Halo-Effekt: Wie Manager sich täuschen lassen“ (s. 214):

„Zufall und Glück spielen häufig eine größere Rolle, als wir denken oder als erfolgreiche Manager in der Regel zuzugeben bereit sind … Schlechte Ergebnisse bedeuten noch lange nicht, dass das Management Fehler gemacht hat, wie auch gute Ergebnisse noch lange kein Beweis für die Brillanz des Managements sind.“

Ranking-Listen

Fast alle Ranking-Listen sei es, dass sie Fondsmanager betreffen (Feri oder Morningstar), sei es, dass sie Vermögensverwalter betreffen (Elite-Report), begehen exakt diesen Fehler. Sie überbewerten Vergangenheitsdaten. Vor etwa 6 Jahren war eine Dame bei mir im Beratungsgespräch. Danach hörte ich über eine lange Zeit nichts mehr von ihr. Etwa vor eineinhalb Jahren kam sie dann wieder zu mir und klagte mir ihr Leid. Sie hat sich damals nicht für meine Vermögensverwaltung entschieden, weil sie den Elite-Report genau studiert hatte. Und dort wurden damals zwei Vermögensverwalter als besonders gut gekürt. Daraufhin entschied sie sich, ihr Vermögen aufzuteilen und es jeweils zur Hälfte durch die beiden ausgezeichneten Vermögensverwaltungen betreuen zu lassen.  Nach 5 Jahren war sie von beiden Vermögensverwaltungen mehr als enttäuscht und entschied sich nun, ganz zu mir zu kommen.

Zum Thema Ranking schreibt David Swensen in seinem Buch „Erfolgreich Investieren“ mit Bezug auf Morningstar sehr gut (S. 254):

„Leider erhalten die Investoren keine hilfreiche Unterstützung von Morningstar, da sich de-ren Bewertungssystem als hoffnungslos naiv herausstellt. Historische Performancezahlen, kombiniert mit einem Instrument zur Risikobewertung, bilden die Grundlage für die Vertei-lung der Sterne … Morningstars offensichtlich fehlerhaftes System versagt, da es sich ausschließlich auf historische Daten bezieht … Morningstar erkennt nicht, dass Informationen über die historische Performance wenig hilfreich bei renditesteigernden Entscheidungen sind. Somit sind die regelmäßigen Versuche, das Bewertungssystem zu verändern, nicht sehr Erfolg versprechend … Kluge Investoren schenken dem nutzlosen Bewertungsschema von Morningstar keine Beachtung.“

Welche Kriterien zählen stattdessen?

Ich habe in dem ganzen Beitrag nru erörtert, wie es nicht geht. Nämlich Vergangenheitsdaten als Auswahlkriterium für Vermögensverwalter (oder Fonds-Manager) herzunehmen. Das ist wirklich sehr, sehr schlecht. Und erstaunlicherweise machen es fast alle Anleger. Erstaunlich ist es, weil es kaum einen Zweifel gibt, dass dieses Vorgehen unklug ist.

Die große Frage ist dann natürlich, wie man es stattdessen besser machen sollte. Meine These ist, dass es vor allem zwei gute Auswahlkriterien gibt:

  1. Die Gebühren und Kosten, die mit einer Vermögensverwaltung verbunden sind (je niedriger, je besser)
  2. Welche Art von Risikomanagement verfolgt der Vermögensverwalter?

Gerade das Risikomanagement ist ein häufig stark unterschätzter Faktor.  Darüber werde ich vielleicht in einem meiner nächsten Beiträge schreiben.

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